Bevor ich Psychoonkologin wurde, war ich selbst Patientin.
Im Jahr 2023 stellte eine Krebsdiagnose mein Leben grundlegend auf den Kopf. Von einem Tag auf den anderen war nichts mehr so, wie es einmal war.
Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich die Diagnose hörte – Krebs. Ein Wort, das alles in mir zum Stillstand brachte. Plötzlich war da nur noch Stille, Leere, Angst. In einem Augenblick hatte sich mein ganzes Leben verändert.
Plötzlich bestimmten Unsicherheit, Angst und Zweifel den Alltag. Viele Gedanken kreisten unaufhörlich: Wie geht es weiter? Was bedeutet das für meine Zukunft? Werde ich wieder gesund?
Ich wurde in dieser Zeit mit meinen drei tiefsten Ängsten konfrontiert – der Angst vor dem Verlust von Kontrolle,
der Angst vor dem Tod, und der Angst davor, dass meine Ängste selbst immer größer werden könnten. Besonders belastend waren die Zeiten rund um die Kontrolluntersuchungen. Schon Tage vorher begannen Anspannung und innere Unruhe. Diese „Angst vor den Ergebnissen“ war oft fast schwerer zu tragen als die eigentliche Behandlung.
Diese Zeit war dunkel, schmerzhaft und voller Unsicherheit. Und doch hat sie mir etwas gezeigt, was ich vorher nie so deutlich gesehen hatte: das Leben in seiner Zerbrechlichkeit – und in seiner unendlichen Stärke.
Doch gleichzeitig eröffnete diese schwierige Zeit auch eine neue Sichtweise. Ich habe gelernt, dass Gefühle wie Angst, Unsicherheit und Panik nicht verdrängt werden müssen. Sie gehören zum Prozess dazu – genauso wie Hoffnung, Mut und die Fähigkeit, Vertrauen zu entwickeln. Schritt für Schritt wurde mir bewusst, dass es nicht darum geht, alles kontrollieren zu können. Vielmehr geht es darum, mit dem Ungewissen leben zu lernen und dennoch Kraft aus den kleinen Momenten des Alltags zu schöpfen.
Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass Verletzlichkeit kein Zeichen von Schwäche ist, sondern eine Quelle innerer Stärke. Offen zuzulassen, was wirklich da ist, eröffnet die Möglichkeit, sich selbst besser kennenzulernen und neue Wege zu finden. So ist aus einer schweren Zeit auch etwas Kostbares entstanden: ein tieferer Sinn für das Wesentliche im Leben, Dankbarkeit für Nähe und Unterstützung – und die Erkenntnis, dass selbst im Schatten Hoffnung wachsen kann.
Heute blicke ich mit Demut zurück. Nicht, weil alles leicht war, sondern weil dieser Weg mir gezeigt hat, wie viel Stärke in jedem Menschen steckt, auch wenn man sie zunächst nicht wahrhaben möchte.
Es ist möglich, die Angst halten zu lernen, Stück für Stück Vertrauen zu entwickeln – und trotz aller Unsicherheiten wieder nach vorne zu schauen.
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